Der neue Pfarrvikar stellt sich vor

„Den Schwachen wurde ich ein Schwacher, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten“, so schreibt der Apostel Paulus in seinem 1. Brief an die Korinther. „Allen bin ich alles geworden“ ist der Primizspruch, unter den Arul Irudayasamy Antonysamy sein priesterliches Wirken stellt. Seit 1. September dient er als Pfarrvikar in der Pfarreiengemeinschaft Pilsting/Großköllnbach.


Geboren 1975 und aufgewachsen ist Arul Irudayasamy Antonysamy mit zwei älteren und zwei jüngeren Brüdern und einer Schwester im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu, in einem Dorf Namens Koovathur. Sein Vater Antonysamy Irudayasamy, ein pensionierter Gesundheitsinspektor, und seine Mutter Victoria Antonysamy leben noch dort. Auch zwei Brüder und seine Schwester leben in ihrer Heimatgemeinde, mittlerweile sind sie verheiratet. Seit Kindertagen besuchte er regelmäßig mit seinen Eltern die Heilige Messe. Vier Kilometer gingen sie dafür hin und zurück, danach erst ging es für ihn und seine Geschwister in die Schule. Allesamt waren Ministranten in der Heimatpfarrei, er selbst begann im jungen Alter von knapp sieben Jahren zu ministrieren. Englisch war sein Lieblingsfach, das er neben seiner Muttersprache Tamil spricht – und mittlerweile natürlich Deutsch, wobei er das erst viel später, 2014, zu lernen begann. Nach der Little Flower Highschool, einer von der Diözese betriebenen katholischen Schule, trat er 1989 ins Priesterseminar ein – als 14-Jähriger und erster seines Dorfes. An der St. Josef Universität in Cuddalore, dem Verwaltungssitz des Distrikts Cuddalore, machte er den Bachelor of Commerce.


Im zweijährigen Studium im Päpstlichen Priesterseminar St. Peter in Karnataka lernte er die Philosophen aller Epochen und der Welt kennen: die indischen Philosophen, die großen christlichen und katholischen Philosophen, aber auch die klassischen europäischen Wissenden: Sokrates, Plato, Aristoteles. Aber auch die Philosophie anderer Religionen studierte er. Nietzsche las er, ebenso Friedrich Engels. „Das ist gut, das kennenzulernen“, unterstreicht er. Es folgte das vierjährige Theologiestudium in Coimbatore, im „Guter Hirte“-Priesterseminar.


2005, am 2. Mai, war es dann für den damals 30-jährigen Arul Irudayasamy Antonysamy die Weihe zum Priester – eben zum allerersten aus Koovathur. Der Berufung folgten später auch sein Onkel und sein Bruder, sie wurden zu Priestern geweiht. Sein Bruder P. Antoni Samy Dominic Savio (OSB) dient in Mallersdorf als Pfarrvikar, sein Onkel P. Beschi Savarimuthu (OSB) in der Pfarreiengemeinschaft Plößberg im Dekanat Tirschenreuth-Wunsiedel, ebenfalls als Pfarrvikar. Mittlerweile hat das kleine Dorf Koovathur sieben Priester und 25 Ordensschwestern hervorgebracht.


Am ersten Sitz in Indien, in „Herz Jesu“ in Sikkalnayaganpettai, war seine Pfarrei arm – die Leute arbeiteten hart auf den Feldern von anderen. Es leben dort Christen, Muslime und Hindus zusammen, aber friedlich, wie er betont, und „zusammen“ bedeutet in diesem Fall nicht nur neben-, sondern miteinander. Weihnachten, erinnert er sich, waren alle eingeladen – ausnahmslos alle. Nach dem Gottesdienst luden er als katholischer Priester zusammen mit dem Imam des Dorfes unddie hinduistischen Priestern zu Kaffee und Kuchen. „Einheit und Vielfalt bringt uns Gottes Reich, das unser Leben friedlich macht“, ist er überzeugt. Deshalb tritt er gegen Diskriminierung ein. „Lasst uns die Liebe kontinuierlich in allen Situationen säen, wie Jesus es bis zu seinem Tod am Kreuz tat – dann können wir das dasselbe ernten.“ Gute Beziehungen zu allen, das ist ihm enorm wichtig.


Er versuchte Verbesserungen in Sikkalnayaganpettai zu erreichen: Mit Hilfe von Freunden und Gönnern habe er es geschafft, für die Renovierung der Kirche und Priesterresidenz aufzukommen, dazu einen Gemeindesaal zu bauen, der von den Menschen – aller Konfessionen – genutzt werden kann. Stromrechnungen können bezahlt und kleinere Reparaturen durchgeführt werden. Eigentlich, erzählt er, wollten ihn die Menschen in Sikkalnayaganpettai bei sich behalten, doch es gibt unter indischen Priestern eine Regel: „Fünf plus eins“, erklärt er, „nach sechs Jahren muss jeder Priester wechseln.“ Dann müssen sie weiterziehen. Noch immer unterstützt er mit seinem Gehalt die Gemeinde, wenn wieder Renovierungsarbeiten anfallen. Zudem: Gerade dort hat er viele Kinder, aber auch Erwachsene anderer Konfessionen taufen und in der römisch-katholischen Gemeinschaft aufnehmen dürfen.


Früher, erzählt er, also vor Jahrhunderten, da seien westliche Missionare nach Indien gekommen und haben den Glauben verbreitet. Heute reisen indische Priester in den Westen, mit eben demselben Auftrag – den Glauben zu verbreiten, zu stärken, der Heiligen Kirche zu dienen.


2014 begann er mit dem Deutschunterricht, sein Bischof warb 2015 für ihn bei der Diözese Regensburg, und gleich im Jahr darauf kam er nach Bayern. Seine erste Station war noch München, für einen intensiven Sprachkurs. Danach ging’s für ihn nach Niederaichbach. Dort fand er sechs Jahre sein Zuhause. „Es war wirklich eine wunderbare Erfahrung für mich mit neuer Kultur, Bräuchen und Sprache“, meint er, „ich habe viele neue Dinge gelernt.“ Seine neue Gemeinde, allen voran Pfarrer Hermann Höllmüller, waren sehr freundlich zu ihm, wie er unterstreicht. Für ihn ist es wichtig, dass er lernt, wie er sagt: Spricht er zu schnell oder zu langsam, ist seine Aussprache wichtig? Er sei dankbar, wenn man ihm erklärt, wie er es richtig macht, betont er.


In Deutschland ist „alles aus Papier“ – ein Bürokratieaufwand, den er nur schwerlich fassen kann. Auch, dass er und die Gläubigen erstmal „Termine“ vereinbaren, ist für ihn noch ein bisschen befremdlich. „In Indien, wenn ich da bin, können mich die Leute jederzeit besuchen – oder ich eben die Leute“, erklärt er. Er habe seinen Dienst mit Hoffnung und Glauben begonnen, freue sich sehr den Glauben der Gemeinschaft durch liturgische Feiern und auch durch andere kirchliche Dienste zu stärken. Er freue sich auf Taufen – davon hat er schon viele feiern dürfen. Und vor allem auf mehr Hochzeiten, denn: Bisher konnte er noch nicht so viele Paare in den Start ihres neuen, gemeinsamen Lebens begleiten.


Ein besonderes Anliegen sind ihm die christlichen Familien; er möchte Eltern bestärken zusammen mit ihren Kindern den Gottesdienst zu besuchen – wie „damals“, auch wie seine Familie, nur so könne der Glaube wirklich an die Kinder weitergegeben werden.

 

(Text und Foto: S. Melis)