Geistliches Wort zum Hochfest der Aufnahme Mariens in den Himmel

Der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat. Dieses Geheimnis des glorreichen Rosenkranzes ist wie eine Kurzformel des heutigen Festes. Wir feiern die Aufnahme Mariens in den Himmel. Mit Leib und Seele durfte sie als erster Mensch die Herrlichkeit Gottes sehen, den Himmel, den ihr Sohn, unser Herr Jesus Christus, am Ostermorgen für uns geöffnet hat.

Mariä Himmelfahrt – wie das Hochfest im Volksmund heißt – ist eines der ältesten Marienfeste überhaupt. Schon für das fünfte Jahrhundert ist es in Rom überliefert. Gleichzeitig ist die Aufnahme Mariens in den Himmel aber auch das jüngste Dogma; Papst Pius XII. hat es 1950 feierlich verkündet. Und auch wenn das Festgeheimnis keine biblische Erwähnung findet – nirgends wird in der Heiligen Schrift vom Tod der Gottesmutter berichtet – so ist ihre Aufnahme in den Himmel mit Leib und Seele doch eine der frühesten Glaubenswahrheiten, die das Volk Gottes gefeiert und weitergeben hat.

Warum ist das so? Warum wird Maria überhaupt in der katholischen und in der orthodoxen Tradition so sehr verehrt? Ich glaube, das liegt zu allererst daran, dass wir in Maria eine Erdung des Himmels erkennen. Das, was uns oft so fern scheint, wird in Maria konkret. Maria ist eine von uns. Die junge Frau aus Nazareth, die Mutter von Betlehem, sie ist „eine Frau aus dem Volk, kennt Arbeit und Sorge ums tägliche Brot, die Mühsal des Lebens in Armut und Not“ (Gotteslob Nr. 521), wie wir in einem bekannten Marienlied singen. Sie verbindet sozusagen unseren Glauben mit unserem alltäglichen Leben und zeigt uns, dass der Glaube keine Parallelwelt ist, die nichts mit dem Hier und Jetzt zu tun hätte, sondern dass wir im Leben schon den Samen ausbringen, aus dem uns nach unserer Erdenzeit das Paradies erblüht.

Am heutigen Hochfest, das bei uns in Bayern auch ein Feiertag ist, gehen unsere Blicke nach oben. Da schauen wir auf zu Maria und erkennen, dass das, was wir hier Leben nennen, dieses oft verworrene Ineinander von Alltagstrott und Arbeit, von Freude und Enttäuschung, von Hoffnung und Schmerz, Glück und Leid, dieses Leben, das oft so rätselhaft und bruchstückhaft ist, dass dies alles nicht das Letzte, sondern auf ein großes Ziel hingeordnet ist, auf eine Vollendung in der zeit- und raumlosen Herrlichkeit Gottes. Danach sehnen wir uns in der Tiefe unserer Seele.

Und auf diese Sehnsucht nach Heilsein weisen auch die Kräuter hin, die heute traditionell gesegnet werden und die im Vorfeld – meist von fleißigen Frauen – liebevoll zu Sträußen gebunden wurden. Es sind Heilkräuter, die nach den feierlichen Gottesdiensten mit nach Hause genommen werden, oft im Herrgottswinkel einen besonderen Platz bekommen, Segen sein sollen für Haus und Hof und vor allem auch den Menschen Gesundheit an Seele und Leib bringen sollen.

Gleichzeitig erinnern sie an die Erzählung, dass die Jünger Jesu nach dem Tod und der Beisetzung Mariens in einem Felsengrab im Kidrontal ihren Leichnam nicht mehr fanden, sondern Blumen und Kräuter an der Stelle ihres Leibes lagen und das ganze Tal von ihrem Duft erfüllt war. Im Glauben gedeutet, vermittelt uns diese Legende einen Vorgeschmack des Paradieses. Für den, der an Christus glaubt, erblüht im Tod das Leben. Gegen Tod ist ein Kraut gewachsen!

Deshalb: Geben wir uns nicht einfach mit dieser Welt zufrieden! Richten wir unseren Blick wieder viel öfter nach oben! Streben wir nach dem, was uns verheißen und wozu wir in Christus berufen sind – nach dem Leben in Gott, der dich, o Jungfrau, am heutigen Tag in den Himmel aufgenommen hat.

Dekan Jürgen Josef Eckl
Pfarrer von Pilsting und Großköllnbach
Landespräses der katholischen Männer in Bayern e.V.

Erschienen in PNP/LZ am 15.08.2022

Samstagnachmittag auf dem Spielbauer-Hof bei Peigen: Auf einem Anhänger stapeln sich die „Zutaten“. Mehr als 15 Frauen haben sich in der schattigen Halle versammelt. Sie sortieren Ähren, Kräuter und Blumen, zupfen und schneiden die Pflanzen zurecht und machen Sträuße daraus. 170 Stück exakt. Die dürften reichen für Mariä Himmelfahrt. An diesem Montag wird landauf, landab in Bayern eine christliche Tradition praktiziert, die einen besonderen Hintergrund in der Marktgemeinde hat.

An diesem Tag hat die Pilstinger Pfarrkirche Patrozinium. Sie ist auf „Mariä Himmelfahrt“ getauft. Es ist einer jener August-Tage, an dem der Sommer noch mal seine ganze Kraft und Wärme hergibt und sich gegen den nahenden Herbst stemmt. Die Ernte ist eingefahren, im Gäuboden feiern die Menschen das Volksfest. Die Tage werden kürzer, die Nächte schon mal kühler. Mitten in diesen letzten Hochsommer-Monat fällt das Fest Mariä Himmelfahrt hinein. Es ist kein bayernweiter gesetzlicher Feiertag, in Gemeinden mit überwiegend katholischer Bevölkerung aber schon. Sieben oder neun Kräuter? Mindestens sieben Kräuter gehören in den Buschen, manche sagen sogar, neun müssen es sein, erklärt Renate Weber. Sie ist Schriftführerin des Frauenbundes. Der hat 453 Mitglieder, ein paar Dreißiger und Vierziger sind dabei, die meisten aber sind 50 Jahre und älter. Unter ihnen ist am Samstagnachmittag auch Anna Egger. 95 Jahre ist sie, sie ist von Anfang an beim Frauenbund und war in den fast 30 Jahren immer dabei, wenn die duftenden Sträußchen gebunden wurden. Auch diesmal. Auf einem hölzernen Stuhl sitzt sie, hat grüne Bändchen in der Hand und bindet die Büschel zusammen. „Wo i no ko, do geh i no hi“, sagt sie mit einem zufriedenen Lächeln. Auch ihre vier Töchter sind beim Binden dabei. Kräuter wie die Königskerze haben die Frauen gesammelt, den Rainfarn, die Goldrute oder das Eisenkraut, Salbei und Pfefferminze. Die Zitronenverbene gehört in den Strauß, aber auch Ähren von Roggen oder Weizen und Strohblumen sowieso. „Bis nach Weng samma geradelt, mein Mann, der Manfred, und ich“, sagt die Bindinger Resi. Mehr als 50 Kilometer Radtour hin und zurück mit ergiebiger Beute, auch wenn die heuer nicht ganz so üppig ausfiel wie in anderen Jahren, nicken auch die umstehenden Frauenbundkolleginnen. Es ist ein äußerst trockenes Jahr. Und die Blühstreifen auf den Äckern werden natürlich nicht eigens bewässert. „Wo letztes Jahr was war, ist heuer gar nix“, sagt eine der Damen. Vieles war verdorrt.„150 Sträußerl brauchen wir auf alle Fälle“, rechnet Christine Spielbauer vor. Heuer findet nur ein Gottesdienst statt, am Montag, dem Patrozinium. Die Kirchgänger kaufen sich die Buschen, lassen sie vom Pfarrer segnen, um sie dann mit nach Hause zu nehmen. Die einen schmücken damit dem Herrgottswinkel daheim. Die anderen hängen die Kräuter kopfüber im Hausgang auf. Früher seien die Buschen auch im Kuhstall angebracht worden. Der Zweck ist immer derselbe. Die Buschen sollen Gottes Segen ins Haus bringen und natürlich Schutz. Früher wurden sie sogar mit Weihrauch vermischt, geräuchert, als Tee überbrüht oder dem Vieh unters Futter gemischt. Unters Kopfkissen gelegt, sollen sie auch der Ehe Glück bringen. Der Erlös des Verkaufs wird heutzutage in Blumenschmuck investiert, sagt Renate Weber. Beim Pfarrfest Pilsting im September überreichen die Frauenbündlerinnen das Geld an den Pfarrer, damit werden die Blumen im Gotteshaus finanziert.

Kräuter binden, das ist wie beten, sagt Inge Wimmer. Es hat etwas Meditatives. Konzentriert mischen die Damen die Pflanzen zu einem feschen Strauß. „Da sind wir einfach christlich beinand’,“ fügt sie an. Heuer sind es wieder mehr Teilnehmer beim Kräuterbuschenbinden. Wohl hat auch ihnen der Austausch während der Pandemie gefehlt. „Dass es nach ebbs ausschaut“, erklären die Frauen, darauf kommt’s beim Buschenbinden an. „Die Gottesmutter mag’s ja auch schön haben“, scherzen sie.Mit grünen Bändern werden die Stängel zusammengebunden. Mit der Gartenschere werden die Stängel zurechtgestutzt, und schon kommt wieder ein Sträußlein in den Korb. Und in gut zwei Stunden liegt ein Meer an Sträußen bereit. Der gesellige Teil bei dieser Akkordarbeit, das ist der Austausch der Frauen untereinander, aber auch das Beisammensitzen nach getaner Arbeit. Apfel- und Zwetschgenkuchen haben sie dabei, der Kaffee ist fertig und die Wurstplatte angerichtet. So plaudern die Damen in gemütlicher Runde schon wieder über ihre nächsten Einsätze. Schließlich ist das Pfarrfest nicht mehr weit, und auch der Bischof kommt nach Pilsting.Auch auf dem Limbrunner-Hof in Parnkofen wuselt es. Die Ministranten und die Frauen aus dem Dorf treffen sich dort, um Kräuterbüschl zu binden. Die werden in Parnkofen bereits am Sonntag angeboten, am Montag ist keine Heilige Messe in der Benefiziumskirche Sankt Ottilie. Rita Ertl hat was über die Tradition der Kräuterweihe in ihrem Ordner gefunden. Der alte Brauch steht schwarz auf weiß, hat sich aus den Legenden um Maria entwickelt. Nach einer dieser Legenden ließen die Apostel das Grab der Gottesmutter noch einmal öffnen, aber sie fanden darin nicht den Leichnam, sondern Blumen.Eine andere Legende erzählt, dass dem Grab in dem Augenblick, in dem Maria in den Himmel aufgenommen wurde, ein wunderbarer Duft von Kräutern und Blumen entstiegen sein soll. Maßgeblich richtet sich der Strauß nach dem, was eben die Natur hergibt. Und jedes der Kräuter hat seine eigene Wirkung. Von Alters her gehören unter anderem Kamille (Magentee), Schafgarbe (Blutreinigung), Tausendgüldenkraut (Leber-/Magenerkrankungen), Johanniskraut (Allrounder, als Tee bei Kopfschmerzen und zur Beruhigung, als Öl bei Verbrennungen, Gicht, Rheuma und Ischias), Pfefferminze (Hals-/Husten), Königskerze (Husten/Bronchitis) und die vier Getreidearten (als Grundnahrungsmittel) in den Kräuterbund – jedoch nicht zwangsläufig und nicht nur.Jeder Strauß ist ein UnikatSo viele verschiedene Kräuter es gibt, so viele verschiedene Variationen der Sträußchen liegen an Mariä-Himmelfahrt vor dem Altar. In manchen Gegenden findet sich ein Apfel im Strauß, der mitgeweiht wird. Dieser wird anschließend in der Familie geteilt und gegessen – ein besonderer Segen. Bei den fleißigen Händen dauerte es nicht lange, bis die ersten 75 Sträußchen zusammen gestellt waren. Die Ministranten banden sie im Anschluss fest zusammen. Auch in Parnkofen geht’s nicht nur um die Kräuterbuschen, nicht nur um die Arbeit an sich, sondern darum, gemeinsam zu binden.

(Text und Fotos: S. Melis)

 

 

Am Montag werden die Buschen vor der Kirche gesegnet. Jetzt, da Blumen und Kräuter im bäuerlichen Garten, auf Wiesen und Fluren in voller Pracht stehen, soll die Kräuterweihe an die Graböffnung Mariens erinnern. Dort fanden die Apostel Rosen und Lilien, vor dem Grab wuchsen die Lieblingskräuter der Gottesmutter. Nach alter Tradition werden in Gebieten Bayerns zu Mariä Himmelfahrt heilkräftige Kräuter zum Strauß gebunden und gesegnet. Der gesegnete Kräuterbuschen sorgt nach altem Volksglauben für Schutz und Gesundheit und bekommt daher einen besonderen Platz: im Herrgottswinkel, über der Tür oder unterm Dach. In den Buschen wird eingebunden, was einem wichtig ist oder für die Gesundheit besonders wertvoll scheint. So steht für Glück und Liebe in der Familie die Kamille, Getreide für das tägliche Brot. Mindestens sieben Kräuter soll ein Buschen enthalten. Aber auch neun, zwölf oder gar 77 Kräuter sind möglich.

(Text und Foto: A. Haas)