Der Palmesel des Bischofs

 

„Ich brauch meine Finger noch“, sagte Bischof Rudolf Voderholzer mit einem Schmunzeln, als ihm am Donnerstag Schnitzer Hans Störringer das Werkzeug überreichte. Doch dann versucht sich der Regensburger Oberhirte ganz gekonnt am Lindenholz, um dem Heiligen Josef die ersten Schnitzer zu verpassen. Der eigentliche Besuch galt jedoch Jesus auf dem Palmesel. Den fertigt der Kunstschnitzer für den Regensburger Dom und will damit im Februar fertig sein.

Gespannt warten Pfarrer Jürgen Josef Eckl, Pater Anish Jacob und Bürgermeister Josef Hopfensberger auf den hohen Gast. Mathilde Störringer bereitet den Besuchern eine Erfrischung und Hans Störringer berichtet mit seligem Blick von seinem Objekt. Aus Linde wird es gefertigt. Im Mai hatte er damit angefangen. Zustande kam die Arbeit fürs Bistum Regensburg durch den ehemaligen Wallersdorfer Pfarrer Franz M. Deffner. Der hatte den Bischof auf das Können Störringers erst aufmerksam gemacht.

Als Bischof Voderholzer die kleine Werkstatt betritt, wird es eng darin. Auch Domkapitular BGR Johann Ammer ist dabei, freut sich zu Besuch in seinem alten Wirkungskreis zu sein. Der Bischof bestaunt den Jesus auf dem Palmesel, lobt: Das Gesicht ist wirklich schön geworden. Auch die detailverliebte Raffinesse beeindruckt ihn. Die Jesus-Figur kann vom Esel abgenommen werden. Ein Huf ist an einen echten Stein leicht angelehnt, bringt so mehr Bewegung in das Objekt. Die Palmwedel werden eingesteckt, mit einer gut versteckten Schraube fixiert und so vor „Verlust“ bewahrt. Schließlich ist das Objekt im Bischofshaus auch für die Öffentlichkeit zugänglich, und: „Man weiß ja nie!“

„Jetzt kommen erst noch die ganzen Krippen“, sagt Störringer. Weihnachten ist nicht mehr allzu weit weg, er hat halt viel zu tun in diesen Wochen. Störringer zeigt dem Bischof Figuren wie Schafhirten, den Josef und ein Lamperl. Doch Voderholzer staunt auch über die anderen Objekte in der Werkstatt, natürlich auch über die vielen Kreuze. Sobald der Palmesel fertig ist, soll noch ein Faßmaler oder Kirchenmaler für das authentische Erscheinungsbild vom Jesus mit Palmesel sorgen. Am Palmsonntag kann dieser dann durch den Dom zum Gottesdienst gezogen werden. Wie in der Pfarrei Pilsting soll auch dieses Werk auf einem kleinen Wagen zu transportieren sein, empfiehlt Domkapitular Ammer.

Zum Dank überreicht der Bischof noch die Sonntagsbibel an den Kunstschnitzer, berichtet von Kommissaren und „Eselsmetzgern“, die im 19. Jahrhundert den hölzernen Palmeseln den Garaus machten. Das war der Palmsturm, deshalb gibt es heute nicht mehr viele dieser Figuren. Dabei war der Umzug mit dem Palmesel schon im 15. Jahrhundert beliebt, in Altbayern bis Anfang des 19. Jahrhunderts. Doch die Esel wurden zweckentfremdet für Rennen, es wurde feucht-fröhlich statt andächtig. Das war der

Kirche und dem Staat ein Dorn im Auge. Viele Esel konnten nicht gerettet werden. Mit einem letzten staunenden Blick verabschiedet sich der Bischof: „Das Gesicht ist wirklich sehr gut gelungen!“

(Text und Fotos: C und S. Melis)
Diesen Beitrag teilen