Weil es immer weniger Priester gibt, sollten die Pfarreien Pilsting, Großköllnbach, Haidlfing, Altenbuch und Wallersdorf bis 2034 ohnehin zusammengelegt werden. Nachdem im Frühjahr kein Nachfolger für den Wallersdorfer Pfarrer Thomas Hösl gefunden wurde, steht seit Kurzem fest: Die Pfarreiengemeinschaft soll nun schon bis September 2024 umgesetzt werden. Dekan Jürgen Josef Eckl aus Pilsting wird künftig Pfarrer der gesamten Pfarreiengemeinschaft sein. Im Gespräch erklärt der 40-Jährige, welche Herausforderungen es mit sich bringt, wenn immer weniger Priester für immer größere Gebiete zuständig sind, wie er in allen Orten der Pfarreiengemeinschaft „die Kirche im Dorf lassen“ will und warum die Gläubigen mehr Verantwortung übernehmen müssen.

 

Herr Pfarrer Eckl, Sie sollen bis September eine Pfarreiengemeinschaft aus den fünf Pfarreien Pilsting, Großköllnbach, Haidlfing, Altenbuch und Wallersdorf formen. Welche Aufgaben liegen vor Ihnen?

 

Jürgen Josef Eckl: Es gibt drei größere Baustellen: Die Verwaltung, die Pastoral und die Liturgie. Was die Verwaltung angeht, werden die Termine im zentralen Pfarrbüro in Pilsting zusammenlaufen. Das Pfarrbüro in Wallersdorf bleibt aber erhalten, wie es ist. Da habe ich schon ein sehr nettes und ausführliches Gespräch mit den Mitarbeiterinnen geführt. Dann gibt es noch das Pfarrbüro in Großköllnbach, in dem zum Beispiel Messintention angenommen werden. Es ist eher ein Kontaktbüro. Mein Wunsch wäre, dass wir zum 1. September von der Diözese Regensburg einen Verwaltungsleiter gestellt bekommen, der den Großteil der immer umfangreicher werdenden Administration abnimmt.

 

Bleiben die Pfarreien trotz des Zusammenschlusses eigenständig?

 

Eckl: Ja, das ist ganz wichtig. Es gibt keine Fusion oder Übernahme. Strukturen wie die gemeinsame Verwaltung und auch die Gottesdienstordnung müssen in einer so großen Pfarreiengemeinschaft natürlich angepasst und aufeinander abgestimmt werden. Ansonsten bleiben die Pfarreien und die Kirchenstiftungen selbstständig. Auch die beiden Gesamtpfarrgemeinderäte Pilsting-Großköllnbach und Wallersdorf bleiben bestehen. Zusätzlich möchte ich einen gemeinsamen Ausschuss mit den beiden Pfarrgemeinderatssprechern, vielleicht ihren Stellvertretern und den pastoralen Mitarbeitern bilden, damit man sich besser koordinieren kann. Austausch und Information sind mir sehr wichtig.

 

Wie viele Priester wird es neben Ihnen als Pfarrer in der neuen Pfarreiengemeinschaft geben?

 

Eckl: Das ist noch nicht endgültig ausdiskutiert. Geplant ist derzeit, dass ich einen zweiten Pfarrvikar dazubekomme. Er wird in Wallersdorf im Pfarrhaus wohnen, soll aber für die ganze Pfarreiengemeinschaft zuständig sein. Ein anderer Pfarrvikar wird in Pilsting wohnen. Dazu gibt es zwei Gemeindereferentinnen, eine in Teilzeit, eine in Vollzeit. Die beiden Mitarbeiterinnen werden vor allem im schulischen Bereich tätig sein, Erstkommunion- und Firmvorbereitungen abdecken und sich um die Ministranten und die Jugend kümmern.

 

Werden Sie noch Zeit für den Religionsunterricht an Schulen haben?

 

Eckl: Da suchen wir auch nach einer Lösung. Aufgrund der vielen Zusatzaufgaben gebe ich schon heute nur noch zwei Religionsstunden. Die setze ich momentan in Pilsting ein. Gedacht wäre, dass ich künftig in den dritten Klassen in Pilsting und Wallersdorf je einige Kontaktstunden bekomme, weil ich es für sehr wichtig halte, dass die Kinder ihren Pfarrer kennen.

 

Werden Sie als Pfarrer künftig mehr mit Verwaltungsaufgaben als mit Seelsorge beschäftigt sein?

 

Eckl: Es ist mir schon wichtig, dass wir als Seelsorger in den Pfarreien präsent sind. Der Pfarrer soll sich nicht hinter dem Schreibtisch verstecken, sondern draußen bei den Leuten sein, wo er hingehört. Die Entfernungen werden natürlich größer und es wird auch ein zeitliches Problem, alle Termine abzudecken. Es wird nicht mehr so sein, dass der Pfarrer überall auftaucht. Diese Aufgaben werden verteilt. Wir sind voraussichtlich drei Priester und zwei pastorale Mitarbeiter. Alle sind vollwertige Vertreter der Pfarreiengemeinschaft und gehen als solche gerne zu Veranstaltungen des Frauenbundes, der Männervereine, Kolping oder zu Geburtstagen und Jubiläen. Wichtig ist zu verstehen: So wie ich Pfarrer für die ganze Pfarreiengemeinschaft bin, sind die Pfarrvikare und pastoralen Mitarbeiterinnen für alle Pfarreien angewiesen.

 

Werden die Gläubigen in Zukunft häufiger für eine gemeinsame Sonntagsmesse in die Nachbarpfarrei fahren müssen?

 

Eckl: Ich will die Kirche im Dorf lassen. Das heißt, dass ich die Gottesdienste dezentral belassen möchte, soweit es die Gegebenheiten zulassen. Jeder Priester kann am Sonntag zwei Messen feiern. Bei drei Priestern sind damit schon mal sechs Messen abgedeckt. Jede der fünf Pfarreien hat Anspruch auf einen Sonntagsgottesdienst. Die Benefizien Ganacker und Parnkofen haben diesen Anspruch nicht, aber sie werden trotzdem bedacht. Das Problem dabei ist gar nicht so die Zahl der Priester, sondern das Drumherum: Wir brauchen zum Beispiel auch einen Kirchenmusiker. Und da fehlt es meistens. Denn der Organist kann nicht an zwei Orten gleichzeitig spielen. In den Hauptorten Pilsting und Wallersdorf soll es auch weiterhin zusätzlich einen Vorabendgottesdienst geben. In der Werktagsgottesdienstordnung wird es keine großen Änderungen geben. Es wird auch in den kleineren Ortschaften nach wie vor Gottesdienste gefeiert – wenn auch vielleicht nicht an den gewohnten Tagen. Die größeren Herausforderungen werden in Zukunft Feste wie Weihnachten, Ostern und Fronleichnam. Es ist einem Priester nicht zuzumuten, dass er zum Beispiel um 20 Uhr eine Christmette hält und dann um 22 Uhr noch mal eine. Die diözesanen Regelungen lassen das auch nicht zu. Aber auch da werden wir eine Lösung finden, mit der alle leben können.

 

Muss man sich Sorgen machen, dass man künftig keinen Priester erreicht, falls etwa jemand dringend die Krankensalbung braucht?

 

Eckl: Wir sind zu dritt, da ist bestimmt immer ein Priester erreichbar. Sterbefälle und Krankensalbungen sind Notfälle, dafür lässt man dann auch mal alles stehen und liegen und fährt da hin.

 

Empfinden Sie Bedauern, dass es überhaupt nötig ist, die Pfarreien zusammenzulegen?

 

Eckl: Natürlich hängen da Emotionen dran. Die Situation des Priestermangels gibt es seit Jahren und man macht sich Gedanken, wie das weitergeht. Auf der anderen Seite sieht man auch die Entwicklung, dass sich immer weniger Menschen der Kirche zugehörig fühlen und immer weniger Menschen die Gottesdienste besuchen. Aber es ist eine sehr bedauerliche Entwicklung. Die Situation der Kirche in Europa insgesamt ist momentan schwierig.

 

Birgt ein Zusammenschluss von Pfarreien auch Chancen?

 

Eckl: Durch Taufe und Firmung tragen die Gläubigen Verantwortung in der Kirche. Dass man ihnen diese Verantwortung – die ja nicht nur Pflicht ist, sondern auch Freude machen kann – nun wieder in die Hand gibt, ist schon eine Chance. Es kann auch eine gewisse Lebendigkeit daraus entstehen, wenn die Gläubigen gestalten können und selber verstärkt als Kirche in Erscheinung treten. Ein kleines Beispiel: Die Gläubigen können selber ein Abendlob halten oder ohne Priester eine Maiandacht oder einen Kreuzweg gestalten. Denn dafür wird definitiv nicht mehr immer ein Priester anwesend sein können. Wir tun nach wie vor, was wir können, aber man kann sich nicht zerteilen.

 

Das wird für viele eine große Umstellung werden. Werden die Leute kirchliche Feiern und Andachten ohne Priester akzeptieren?

 

Eckl: Da ist ganz viel Gewohnheit und eine gewisse Versorgungsmentalität dabei. Solange man Pfarreien mit 2 000 Gläubigen und zwei Kirchen hatte, hat es funktioniert, dass der Pfarrer überall dabei war. Aber das geht nicht mehr. Und das leuchtet, denke ich, auch jedem ein. Zudem ist Gottesdienst nicht nur Eucharistiefeier. Gerade als Katholiken haben wir einen sehr reichen Schatz an Gebets- und Gottesdienstformen, aus dem wir wieder viel mehr schöpfen müssen: das Stundengebet, Andachten, Wallfahrten, Wort-Gottes-Feiern und vieles mehr. Die Diözese stellt Angebote zu Verfügung, mit denen Gläubige lernen können, solche Aufgaben zu übernehmen. Es haben sich in Pilsting kürzlich erst zwei Gottesdiensthelfer angemeldet, die bereit sind, einen solchen Kurs zu besuchen. Daneben gibt es zum Beispiel auch die Ausbildung zum Katechisten.

 

Wo wird man künftig noch auf einen Priester verzichten müssen?

 

Eckl: Etwas Sorgen machen mir tatsächlich die statistisch zu erwartenden 130 bis 140 Beerdigungen im Jahr. Die kann man auch schlecht planen. Andererseits ist natürlich gerade die pastorale Begleitung Sterbender und der trauernden Angehörigen eine Kernkompetenz der Kirche. Wie das geht, muss man sehen. Vielleicht muss man überlegen, ob zunächst in den immer häufiger werdenden Fällen, in denen überhaupt kein Begräbnisgottesdienst mehr gewünscht wird, auch pastorale Mitarbeiter das Gebet am Grab sprechen können. Das ist – im Gegensatz zum Requiem – keine dem Priester vorbehaltene Aufgabe. Auch ein Priester braucht Pausen und ist nicht vor Burnout gefeit.

 

Wie anspruchsvoll wird Ihr Beruf, wenn Sie für noch mehr Menschen und ein größeres Gebiet zuständig sind?

 

Eckl: Man darf das Priestertum nicht schlicht als Beruf sehen. Wer das macht, kommt, glaube ich, ziemlich schnell an eine persönliche Grenze. Wenn man bei der Weihe im Dom ausgestreckt vor dem Bischof auf dem Boden liegt, während alle Heiligen in der Litanei angerufen werden, dann wird einem schon klar, dass man sein ganzes Leben – und nicht nur eine 35-Stunden-Woche – Gott weiht. Aber ja, es wird eine Herausforderung, sowohl zeitlich als auch von den eigenen Kräften her. Burnout ist auch bei Priestern ein zunehmendes Problem. Da sind wir Priester untereinander gefragt, dass wir aufeinander schauen. Auch vonseiten des Bistums ist vieles am Laufen, damit die Priester in Zukunft noch besser begleitet werden. Ich persönlich tue den Dienst unwahrscheinlich gerne und habe tolle Mitarbeiter um mich herum, die mich entlasten und mich auch immer wieder aufrichten. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ab dem ersten September alles gut läuft, wenn alle mit Verständnis und einem kleinen Vorschuss an Vertrauen mit dabei sind.

 

 

Interview: Andreas Kerscher
Landauer Zeitung, 24.04.2024